Die bisherige „zurückhaltende Moderation“ genüge nicht mehr. Und ab 19 Uhr abends sowie am Wochenende dürfen die Leser gar nicht mehr kommentieren.
Das verfügte die Chefredaktion der als liberal geltenden Zeitung just drei Tage, nachdem das Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung einer Firma namens Callactive gegen den kritischen Blogger Stefan Niggemeier bestätigt hatte. Darin war es um einen in der Nacht zum Sonntag um 3 Uhr37 geposteten Leserkommentar gegangen. Das in Sachen Internet offenbar nicht besonders versierte Gericht war der seltsamen Ansicht, der Blogger hätte den Kommentar – den er tatsächlich am Sonntagvormittag entfernte – schon vor der Veröffentlichung prüfen müssen. Niggemeier hat bereits angekündigt, Berufung gegen das Urteil einzulegen, da er auf keinen Fall auf eine offene Kommentarmöglichkeit für seine Leser verzichten will.
Die Süddeutsche nimmt keinen Bezug auf dieses Urteil, aber der zeitliche Abstand von nur drei Tagen spricht für sich. „Die Chefredaktion“ führt vielmehr aus, man wolle in Zukunft „stärker moderierend eingreifen“. Es ginge um „die Qualität der Debatte“, und „neue Funktionen – wie das Petzen oder das Bewerten“ hätten es nicht gebracht.
Insbesondere nachts und am Wochenende gingen zuweilen Kommentare online, die „mit einer sinnvollen Form von Meinungsäußerung nichts mehr zu tun haben“. Und deshalb wird die Kommentarfunktion in Zukunft einfach abgeschaltet zwischen 19 Uhr abends und 8 Uhr morgen. Und auch zwischen Freitag 19 Uhr und Montag 8 Uhr dürfen bei der Süddeutschen keine „User-Kommentare“ mehr publiziert werden. Und für Feiertage gilt der „Freeze“ (das nennen die wirklich selber so) ebenfalls.
(Archiv – Dezember 2007)